Auf kleinen Inseln, in trockenen Länder und in Krisengebieten fehlt es oft an sicherem Trinkwasser. Die Berliner Unternehmer Hamed Beheshti und Ali Al-Hakim haben eine Technik und ein Geschäftsmodell entwickelt, das preiswertes Süßwasser in Orte bringt, wo Strom- und Wassernetz nicht hinkommen.
Am Anfang stand ein Fehlschlag. Hamed Beheshti erinnert sich genau an das Ereignis, das ihn zum Trinkwasser-Produzenten machte: „Wir hatten 2015 den Auftrag, nach Tansania solarbetriebene Pumpen zur Wasserförderung zu liefern. Plötzlich wurde der Auftrag storniert: es war sinnlos, dieses Wasser zu fördern, denn das Grundwasser war versalzen. Wir haben dann gelernt, dass das weltweit ein wachsendes Problem ist – und fast zwei Jahre daran gearbeitet, bezahlbare und simple Solar-Entsalzungsanlagen für Gebiete zu entwickeln, in denen weder Strom noch Diesel einfach zu haben sind.“
Das Ergebnis sind zwei kompakte Bautypen von Filter- und Entsalzungsanlagen, die von außen etwa aussehen wie Baucontainer mit Solarpanels auf dem Dach. Das Modell „Green Cube“ produziert Süßwasser für Landwirtschaft und beispielsweise Fischzucht, der „Planet Cube“ macht aus Meerwasser und verschmutztem Wasser hygienisch einwandfreies Trinkwasser – zu einem Bruchteil der sonst üblichen Kosten. „Je nach Standort kostet unser Wasser zwischen einem Viertel und einem Vierzigstel des ortsüblichen Preises“ sagt Beheshti. „In Kenia beispielsweise kosten 20 Liter Trinkwasser im Durchschnitt vier US-Dollar. Wir verkaufen es zwischen 40 Cent und einem Dollar.“
Eine ganz neue Technik haben die Beiden dafür nicht entwickelt: die Umkehrosmose, bei der Wasser mit Hochdruck durch eine spezielle Membran gepresst wird, ist ein weltweit verbreitetes Verfahren zur Wasserentsalzung. Sie haben es jedoch technisch so vereinfacht, dass es mit geringerem Druck und preiswerteren Bauteilen auskommt. Außerdem liefern Sonnenkollektoren auf dem Containerdach kostenlos den Strom für diesen energieintensiven Prozess. Kein Diesel, keine Batterie treibt den Preis in die Höhe. Überall, wo Wasser ist, kann die Anlage arbeiten.
18 Wasser-Würfel waren zu Jahresbeginn in Betrieb, 68 weitere sollen bis Ende 2020 dazukommen. Sie stehen bislang in Kenia, Somalia und Jemen, die meisten sind für 2.000 Liter Süßwasser stündlich ausgelegt. Dass die Technik einwandfrei funktioniert, kontrollieren Techniker übers Internet. Alle wichtigen Detailinformationen laufen in Berlin zusammen.
Doch so eine Anlage kann weit mehr sein als eine clevere Maschine. Al-Hakim und Beheshti haben drumherum das Konzept eines „Water Kiosk“ entwickelt. Es macht die Anlage zu einem echten Stück Infrastruktur: Ein Water Kiosk ist nicht nur Produktions- und Verkausstelle für preiswertes Wasser, sondern Dank Solarstrom auch öffentliches WLAN und Ladestation für Mobiltelefone, der Platz für einen Medikamenten-Kühlschrank und eine Leihbibliothek für Schüler. Während einige ihrer reinen Entsalzungsanlagen von humanitären Organisationen als Nothilfe betrieben werden, sind die Water Kiosks in stabileren Regionen ein Geschäftsmodell. „Wir halten nichts davon, dass Dinge umsonst sind,“ erklärt Beheshti, „das verdirbt die Wertschätzung für eine Leistung und macht abhängig. Und wir sind Unternehmer, wir wollen auch etwas daran verdienen.“
Drei Angestellte hat jeder Water Kiosk, mit fünf indirekten Jobs pro Standort, etwa in der Landwirtschaft, rechnen die Betreiber. Ein weiterer Job könnte bald dazukommen: „Wir integrieren gerade ein spezielles Elektro-Lastenrad von einem Berliner Hersteller in das Konzept“ sagt Beheshti. „Damit kann ein Fahrer oder eine Fahrerin bis zu 200 Liter Wasser im Umkreis von etwa fünf Kilometer ausliefern.“ Wasser für die Welt – gemacht in Berlin, von zwei Einwanderern aus dem Iran und dem Irak.